von Walther Tuckermann
Über die Tätigkeit des Bischofs in der Regelung von Handel und Gewerbe erfahren wir außerordentlich wenig. Erst die zielbewußte Machtentfaltung des Rates ist die Schöpferin einer mannigfachen gewerblichen Gesetzgebung und einer segensreichen praktischen Arbeit. Mit der Genehmigung der Bildung gewerblicher Korporationen wird häufig das Bestreben der Obrigkeit Hand in Hand gegangen sein, die einzelnen Berufe zu lokalisieren, um die Durchführung der Kontrolle zu erleichtern.
So entstehen die Sondermärkte und die Marktstraßen. Die Anfänge der Spezialisierung des Marktes liegen zeitlich vor dem ersten Auftreten des Rates zurück. Bereits im Jahre 1195 wird ein Brotmarkt erwähnt. Auf die Ansiedlung der Gewerbe deuten ferner die Hoken (1283 zuerst erwähnt), die Schuhstraße (platea sutorum), die Oltböterstraße (platea renovatorum), die Schmiedestraße (platea fabrorum), die Kramerstraße (platea institorum) hin.
Weiterhin bewährt sich die Führsorge des Rates in der Anlage von Buden und Verkaufsständen. So ließ er im Rathaus Gewandbuden herstellen, deren Benutzung allen Gewandschneidern zur Pflicht gemacht wurde. Die Marktstände der Gärtner am Andreaskirchof wurden ebenfalls vom Rat errichtet. Die Buden der Knochenhauer und Bäcker waren wahrscheinlich Eigentum des Rates, der sie gegen Zins den Handwerkern überließ.
Sie entrichten diesen in zwei Partien, zu Ostern und zu Michaelis, so im Jahre 1381 die Bäcker an jedem Zahlungstermin 3 Pfund 6 ½ Schilling, die Knochenhauer am großen Markt 4 ½ Pfund, die Knochenhauer auf dem Steine 10 Schilling, während die Abgaben der Knochenhauer am kleinen Markt sich im Jahre 1402 auf 7 Ferding beliefen. Analoge Verhältnisse walteten wohl bei den Heringwäschern ob, die im Jahre 1381 von der haringhbank einen Zins von 2 Pfund 5 Schilling schuldeten. (in den Jahren 1413 und 1450 läßt der Rat Fischbänke setzen).
Aus dem Besitz resultierte für den Rat die Pflicht, für die Unterhaltung und Ausbesserung der Marktstände und der gewerblichen Anlagen Sorge zu tragen. So finden wir in der Rechnungsablage des Jahres 1383 Ausgaben für die Dachbedeckung der Scharren auf dem Steinen gebucht. Große Summen verschlang auch die Instandhaltung der Gewandbuden. Zum Jahre 1449 finden wir mehrere Posten für die „Kohlbänke“ ausgeworfen. Dem öffentlichen Verkehr kamen auch die Pflasterung der Verkaufsplätze zu gute. Im Jahre 1413 wurde der Weg „unter den Fischbänken“ gepflastert. Im Jahre 1449 hören wir von Pflasterungen des Marktes und der Straßenflucht bei den Brotscharren.
Eine rege Tätigkeit entfalteten die städtischen Kommunen auf dem Gebiet der Ordnung von Maß und Gewicht. Auch hier hat offenbar die Stadtgemeinde das Erbe der landesherrlichen Gewalt angetreten. Eine Reminiszenz an den älteren Zustand klingt in der Anklageschrift des Bischofs Magnus gegen den Rat vom Jahre 1440 wieder. Hier wirft der Bischof dem Rat und der Stadt vor, die von alters her üblichen Kornmaße, die an dem Rathaus angebracht waren, durch Einführung neuer Maße ohne den Willen des Landesherrn und seines Kapitels ersetzt zu haben.
Textquelle: W. Tuckermann: „Das Gewerbe der Stadt Hildesheim bis zur Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts“; Inaugural-Dissertation;
Berlin 1906; ; Druck: E. Ebering Berlin; Seite 56ff